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Thomas Rabitsch im Interview
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Thomas Rabitsch im Interview

Falcos Bandleader Thomas Rabitsch spricht mit Lissy Ishag über das legendäre „Falco 3“-Album, die Magie der Live-Shows und warum Falcos Musik bis heute einzigartig bleibt.

Veröffentlicht: Donnerstag, 23.10.2025 11:03

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Lissy IshagThomas Rabitsch, Falcos Bandleader über die neuen Konzerte
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Biografie

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  • Geboren am 19. November 1956 in Wien
  • Seit den 1970er Jahren Keyboarder bei Liveauftritten und Studioproduktionen sowie als Produzent von zahlreiche österreichische Bands tätig
  • Hat zusammen mit Falco in der Band Drahdiwaberl gespielt
  • War später auch Keyboarder und Bandleader von Falcos Band
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Das Interview

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Lissy Ishag:

Erst mal herzlich willkommen bei uns. Wir freuen uns auch, dass wir die Verlosung machen dürfen. Du bist der Bandleader der originalen Falco-Band und deswegen für uns unser Falco-Kontakt. Das „Falco 3“-Album hat ihn ja zum Weltstar gemacht. Erster Titel darauf: „Rock Me Amadeus“ – Platz 1 in den UK- und US-Charts, und das nach wie vor, glaube ich, noch als einziger deutschsprachiger Song. Sonst hat das noch keiner geschafft, richtig?

Thomas Rabitsch:

Nein, und schon gar nicht mehr aus Österreich. Also, es hat bis jetzt niemand geschafft. Es gab einen Hit aus Österreich in Amerika, das war „Der dritte Mann“. Die Filmmusik zu „Der dritte Mann“ war in den 50er Jahren aus dem gleichnamigen Film, und sonst hat sich noch nie jemand in den amerikanischen Charts, geschweige denn auf Platz 1, aufgehalten – außer Falco.

Lissy Ishag:

Tja, umso wichtiger, dass das Album jetzt remastered noch mal neu veröffentlicht wird. Das ganze Album – vielleicht können wir, bevor wir darüber sprechen, noch mal kurz betonen: Das hat ja den Karriereschub für Falco auch bedeutet, dieses Album. Du warst dabei – was bedeutet das Album für dich?

Thomas Rabitsch:

Na, ich war als Live-Musiker dabei, also Bandleader und Keyboarder, und das war für uns damals – wir waren ja alle noch jung – einerseits eine Bestätigung, dass Falco etwas zu sagen hatte. Er hatte vorher schon in Europa, auch in Amerika, Erfolge gehabt. Sein Hit „Der Kommissar“ wurde gecovert. Und dann kam „Junge Römer“, das zweite Album, das war unter den Erwartungen, obwohl es, wenn man es heute betrachtet, ein wunderbares Album ist, das sehr großen Bestand hat. Und er war ein bisschen abgeschrieben, also in der Öffentlichkeit hieß es: „Okay, das war’s dann.“ Und dann ist er halt mit fliegenden Fahnen zurückgekommen mit „Falco 3“ und „Amadeus“. Da hat er bewiesen, er kann auch anders. Die Musik ist damals von diesem puristischen Funky-Rap eher ins Orchestrale gewandert. „Amadeus“ natürlich auch, der Name sagt ja schon, das war auch berechnet mit Mozart und so. Aber die Bolland Brothers, also Ferry und Rob Bolland, die das „Dreier“-Album produziert haben, hatten einen anderen Sound als sein früherer Produzent Robert Ponger. Und das war ein Breitwandsound, und der war zu der damaligen Zeit genau angesagt. Ich weiß noch, vor ihm war Prince ein paar Wochen auf Platz 1, und plötzlich hat Falco Prince verdrängt. Wir haben uns in der Band angeschaut. Für uns Musiker war es natürlich ein tolles Gefühl, bei einem Act dabei zu sein, mit einem Künstler zu arbeiten, der das schafft. Wir haben uns wahnsinnig gefreut und waren sehr stolz. Vor allem haben wir schon das Gefühl gehabt, dass wir nicht einfach Austropop machen, sondern internationale Popmusik.

Lissy Ishag:

Also kam das für euch alle auch wirklich überraschend, weil du gesagt hast, man hat damit gar nicht so gerechnet. Als ihr das dann erfahren habt, dass dieser Durchbruch dadurch stattfindet – was war das für ein Gefühl?

Thomas Rabitsch:

Ja, eben ein tolles – ein Triumph eigentlich, für uns alle, natürlich für ihn. Aber wir haben uns natürlich mitgefreut, weil es war für uns klar, dass dann auch im Live-Business etwas weitergeht. Wir hatten dann schon einen total dicken Tournee-Rider in der Tasche über eine Amerika-Tournee, die dann nur deswegen nicht stattgefunden hat, weil der zweite Song, der gechartet hat, nämlich „Vienna Calling“, nicht Platz 1 wurde, sondern nur Platz 4 oder 5. Die Amis waren dann so vorsichtig: „Warten wir noch ein bisschen.“ Schade. Ich habe mir damals gedacht, ich sehe diesen Tournee-Rider vor mir, dieses dicke Buch mit allen Städten – das waren, glaube ich, 40 Locations – und ich war damals noch nie in den USA. Vorher haben wir gesagt: „Ja, so muss ich nach Amerika fahren auf Tournee.“ Leider hat das dann nicht stattgefunden. Wir waren dann in Europa, Japan, sonst wo unterwegs, und das war eine ziemlich aufwendige Produktion für unsere Verhältnisse damals.

Lissy Ishag:

Wie war das für dich denn, diese Songs von „Falco 3“ das erste Mal live zu performen?

Thomas Rabitsch:

Das war ziemlich anspruchsvoll, weil gerade dieser Breitwandsound, dieses Orchestrale, war mit den damaligen Mitteln nur zu bewältigen, wenn mehr Musiker mitspielen. Heute hat man Backing Tracks, Sequenzer laufen oder irgendwelche Zuspieler. Das machen wir auch, ja. Wir haben zum Beispiel jetzt auf der Tournee natürlich seine Stimme von einem Zuspieler, logischerweise, und sein Bild. Man sieht ihn ja auch optisch. Aber wir haben auch die Chöre, die wir damals bei den letzten Livetourneen schon eingespielt hatten. Also wir haben sie im Studio aufgenommen und gedoppelt, damit die Chöre wirklich fett und satt klingen. Aber damals, Mitte der 80er, wäre das ein irrsinniger Aufwand gewesen. Das heißt, wir hatten dann statt fünf Musikern zehn. Wir waren doppelt besetzt: zwei Keyboards, zwei Gitarren, Chorsängerinnen, Bläser, Schlagzeug, Bass – also es war eine Riesenband, nur damit man einfach diesen Breitwandsound hinbekommt. Und der ist äußerst dicht. Noch dichter ist zum Beispiel auch der Song „Sound of Musik“, der strotzt von Spuren und Sachen. Das macht man heute nicht mehr so, heute macht man das eher puristischer, so wie er das früher gemacht hat, wie bei „Brillantin Brutal“ oder „Junge Römer“ und „Der Kommissar“, das war ja eher reduziert.

Lissy Ishag:

Okay, also war auf der Bühne extrem viel los. Kann man ungefähr sagen, wie viele ihr auf der Bühne wart?

Thomas Rabitsch:

Wie gesagt, zwei Gitarristen, zwei Keyboards, Schlagzeug, Bass, dann Percussion, zwei Bläser und zwei Sänger – elf. Ohne Falco elf. Also das war eine Big Band.

Lissy Ishag:

Ja, da war schon ordentlich was los. Du hast es jetzt mal kurz angerissen: Ihr geht jetzt noch mal auf Tour. Falco wird dabei sozusagen vom Band kommen, die Chöre auch. Wie hat man sich das vorzustellen, wenn man dann im Publikum steht? Kommt da auch ein Falco-Double, oder was passiert dann?

Thomas Rabitsch:

Nein, und das ist das Schöne. Wir haben erstens mehrere Sänger und Sängerinnen, die seinen Part übernehmen, und unsere Interpreten haben die strikte Vorgabe, Falco nicht zu kopieren. Es gibt kein Double, keinen Impostor, keinen Nachahmer, sondern er erscheint sowieso von selbst immer wieder über eine große LED-Wand in der Mitte der Bühne, die nur für ihn reserviert ist. Er kommt immer zu Momenten, wo man nicht weiß, wann er kommt. Das ist immer überraschend, das ist nicht so berechenbar, dass beim Refrain Falco kommt und bei der Strophe wieder einer unserer Livekünstler. Nein, er kommt dann und wann zur Überraschung, und es entstehen daraus Duett-Situationen. Das heißt, unsere Liveacts wissen, wann er kommt, müssen sich total an den Text halten. Wenn die da raus hüpfen und irgendwas vergessen, ist Chaos, weil wir müssen weiterspielen. Falco kann nicht mehr warten, der kommt dann, wann er kommt. Und es wirkt so, als würden wir mit ihm spielen. In Wirklichkeit spielt er mit uns oder umgekehrt. Es ist irgendwie sehr verwoben, und diese Duette, die da entstehen, haben eine eigene charismatische Kraft, weil unsere Sängerinnen und Sänger alle sehr charismatisch sind und einen eigenen Ausdruck auf ihre Art und Weise haben. Es ist auch ganz schön, wenn ein Falco-Song von einer Frau gesungen wird, die dann singt „Dann bist du hoch wie nie“ und dann kommt er dazu. Es sind so schöne Situationen, die sich ergeben, und es ist eben live.

Lissy Ishag:

Klingt auf jeden Fall spannend, aber es ist nicht so wie bei ABBA, dass man tatsächlich irgendwie KI-generiert denkt, er steht da wirklich?

Thomas Rabitsch:

Wir haben die KI völlig rausgelassen. Wir verwenden ihn von dem legendären Auftritt von der Donauinsel, vom Donauinselfest, wo wir – also da hat damals der ORF mitgeschnitten, Mehrkanal und auch sehr gut mit Kameras – und das ist die Basis für unseren Gig. Und er hat damals sehr souverän, es war ein toller Auftritt, es war dieses berühmte Regenkonzert, das dann abgebrochen wurde wegen Gewitter. Seine Performance war über alle Zweifel erhaben, und das verwenden wir, zu dem spielen wir.

Lissy Ishag:

Gut, ich würde jetzt noch gerne drei Fragen stellen. Zum einen interessiert uns natürlich die persönliche Verbindung, die du zu Falco hattest. Ich habe in einem Interview mit dir gehört, dass du dich selber eher als Phlegmatiker bezeichnest, als sehr ruhigen Menschen. Ich nehme an, ich habe ihn nicht persönlich gekannt, aber das, was man von ihm hört – war Falco dann das komplette Gegenteil? Habt ihr euch gut verstanden?

Thomas Rabitsch:

Ja, es war vielschichtiger. Er war in der Arbeit genauso ruhig und fokussiert, noch mehr. Wenn man mit ihm gearbeitet hat – bei Proben, Erarbeitung eines Stücks, bei Livekonzerten und vor allem im Studio – war er extrem fokussiert, fast schon ein bisschen pedantisch, sehr genau. Wenn es um persönliche Sachen ging, wie zum Beispiel eine Ehekrise oder Dinge, die ihm nicht gepasst haben, da war er extrem emotional, ganz anders als ich zum Beispiel. Da mussten wir ihn auch ab und zu wirklich beruhigen: „Komm runter, hey, das ist nicht so schlimm.“ Man musste ihn da wirklich ein bisschen mit Samthandschuhen anfassen, aber nur, wenn es ins Private ging. In der Arbeit war er ein Vollprofi.

Lissy Ishag:

Dann werden wir jetzt gleich das Album ja auch verlosen dürfen. Was ist daran neu, was sind die Bonustracks, was ist das Zusatzmaterial? Also zum einen wird die Soundqualität sich wahrscheinlich immens verbessern, und zum zweiten: Was bringt das Album denjenigen, die es bekommen?

Thomas Rabitsch:

Also das Album ist jetzt in einer Box verpackt mit mehreren Seiten. Es gibt ja auch die Vinyl-Ausgabe, glaube ich, drei Alben drin, also drei Vinyls. Es sind alle Versionen drauf, die damals produziert wurden, weil es gab einen extra American Edit, einen sogenannten Salieri Edit, die hatten mal andere Namen. Von jedem Song gab es mehrere Remixes, und die waren ja immer nur teilweise auf Singles in diesem oder jenem Land zu erhalten. Da sind alle drauf, in allen Formaten und allen Ausgaben, die es von den Songs gegeben hat. Das ist schon eine ansehnliche Sammlung. Das gab es bis dato noch nie.

Lissy Ishag:

Super, da freuen wir uns auf jeden Fall drauf. Zum Abschluss noch mal: Gibt es eine Botschaft, die du den Fans von Falco und denjenigen, die „Falco 3“ neu entdecken wollen, mit auf den Weg geben möchtest?

Thomas Rabitsch:

Ja, die Botschaft – das ist interessant. Es ist einfach Freude. Für uns ist es einfach Spaß. Wir freuen uns, dass wir die Musik wieder spielen können, live, also wie jetzt von uns aus gesehen. Ich bin auch meinen Sängerinnen und Sängern extrem dankbar dafür, dass wir als Originalband wieder auf die Bühne können. Und was wir dabei merken, ist, dass die Musik doch sehr zeitlos ist und ihrer Zeit damals weit voraus war. Die Botschaft ist: Hört euch das an und entdeckt, was da alles los war, denn er war ein Ausnahmekünstler.

Lissy Ishag:

Vermisst du ihn, vor allem jetzt, wenn du dir vorstellst, ohne ihn in Person auf der Bühne zu stehen?

Thomas Rabitsch:

Also diesen emotionalen Trauerzustand habe ich schon lange hinter mir, er ist schon lange genug tot. Es ist jetzt nur mehr Freude, weil ich genieße es, wenn ich ihn da wieder sehe, auf der Leinwand, und vor allem, wenn ich ihn höre. Das ist so ein Heimatgefühl, weißt du? Die Songs, die wir spielen, haben wir auf Tourneen hundertmal live gespielt, und da muss ich gar nicht nachdenken, sondern ich höre eigentlich mehr zu auf der Bühne. Ich stehe da und schaue mir das an und denke mir: Schön, wie früher, fein. Es ist ein Genuss eigentlich und gar keine Anstrengung. Es strömt sich da von oben heraus und dann ist es da.

Lissy Ishag:

Danke schön für den Einblick. Für mich war es das. Gibt es noch etwas, das dir wichtig ist, das bei uns noch zu Wort kommen sollte?

Thomas Rabitsch:

Ach, habt Spaß mit der Musik. Es gibt wie damals auch heute ganz tolle Künstler. Nicht nachlassen und sich das alles geben – das ist gut.

Lissy Ishag:

Super, dann ganz viel Spaß auf Tour. Danke für das Material zum Verlosen und noch einen sehr schönen Tag.

Thomas Rabitsch:

Okay, danke. Ciao.
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